20.45 Uhr, ich bin zu spaet dran. Irgendwie typisch fuer Konzerte im Paradox. Virgins Like Barbie spielen schon. Genaugenommen machen sie gerade Pause zwischen zwei Songs. Der optische Eindruck truebt die Erwartungen, denn ich bin scheinbar mitten im Fashion-Victim-Land angekommen. Gedehnte Ohrloecher soweit das Auge reicht, dazu Halstuecher und New Era Caps im Publikum. Auf der Buehne ein Bubi, eine Emo-Matte mit stilvollem weissen Schweissband. Meine Begeisterung kennt kaum Grenzen. Erste Akkorde lassen mich aber doch hoffen, klingt solide, was die Jungs da abliefern. Kompliment an den Vokalisten, der braucht sich nicht zu verstecken, wenn man nach seiner Stimmbandbreite geht. Schade nur, dass er weitgehend in den Boden starrt. Interaktion mit dem Publikum nahe null, aber gut. Die Band scheint noch recht jung, das kann man verzeihen. Musikalisch sind auch die Instrumentalisten gut, der Sound ist erste Sahne, obwohl kein Bassist auf der Buehne steht. Respekt dafuer. Wie ich finde wenig innovative Musik, aber definitiv solide. Ich hab gerade in dieser Musikrichtung schon schlechteres gesehen. Ein wenig mehr Zeit zusammen und etwas Arbeit an der Performance und fertig. In meinen Augen haben sie auf jeden Fall Potential.
Als naechstes At The Abyss. Ich bin persoenlich sehr gespannt, da ich bisher nur Aufnahmen kannte. Erster Eindruck: Macht Druck und geht vorwaerts. So mag ich Musik. Die beiden Shouter leisten ganze Arbeit, auch wenn der eine wenig unter seinem Cap hervorschaut. Auch hier gehoert noch an der Buehnenpraesenz gearbeitet, die Musik gefaellt aber nach wie vor. Vor allem das Drumming blaest einen foermlich um. Die Gitarren sind fuer meinen Geschmack etwas zu hoehenlastig, aber da auch diese Band in aktueller Besetzung noch relativ jung ist, kann man leicht darueber wegsehen. Mir gefaellt das Riffing. Death Metal mit modernem Anstrich, wenig Melodie, viel Druck. Gut gesetzte Breaks, die Songs ueberraschen immer wieder. Groesster Kritikpunkt bleibt aber das Verhalten auf der Buehne. ALs Lokalmatadoren sollte man einfach sein Publikum im Griff haben, der Funke muss von der Band auf die Crowd ueberspringen, wenn auf der Buehne Bewegung ist, kommt sie davor irgendwann von allein auf. Ich bin auf jeden Fall gespannt auf zukuenftige Auftritte (z.B. am Samstag am Gemetal) und die Entwicklung der Band. Ich hoffe definitiv auf mehr solche Songs!
Eine laengere Umbaupause folgt, bevor Burning Skies die Buehne betreten. Irgendwoher kommen mir Bandname, Gesichter und Lieder bekannt vor, noch kann ich sie aber nicht zuordnen. Muss ich auch gar nicht, denn es ist in diesem Moment vollkommen irrelevant, da ich mich beherrschen muss, nicht mitten in den Moshpit zu springen. Eins A Sound, man fuehlt sich foermlich von einer Walze ueberrollt. Es stimmt einfach alles. Gitarren fett, Drumming tight, "Gesang" vom allerfeinsten. Saenger Merv kotzt sich sprichwoertlich aus, shoutet, kreischt vereinzelt und man sieht ihm an, dass er mit ganzem Herzen dabei ist. Die Vocals stehen dem knallharten Death Metal Riffs, gewoehnlich ist was anderes! Die Ansagen des Englaenders sind lustig, sein Dialekt fasziniert mich sofort. Je laenger die Band spielt, desto Grindcore-lastiger werden die Songs. Das Shouting weicht immer mehr dem Gekeife, die ohnehin hohe Geschwindigkeit zieht immer mehr an. Ich bin mittlerweile im siebten Grindcore-Himmel, kaufe in Gedanken schon ihren halben Merchstand auf. Fuer mich stand jetzt schon fest, dass dies der Hoehepunkt des Abends war. Es sollte aber noch besser kommen, denn Merv fing an, ausgesprochen makabere Witze zu erzaehlen, die das Schulenglisch des ein oder anderen zu uebersteigen schienen. Ich amuesiere mich allerdings koestlich. Daran aendert sich auch nichts, als der Konsum von Marihuana und das Toeten vieler Menschen musikalisch zelebriert werden. Leider ist das Spektakel viel zu schnell wieder vorbei. Wenn es nach mir ginge, haetten sie noch eine weitere Stunde spielen koennen. Der positive Eindruck bestaetigt sich vor der Tuer weiter, ich komme ins Gespraech mit dem Saenger, das nach dem Gig fortgesetzt wird. Wir diskutieren ueber Musik und Randgruppen, er wird mir immer sympathischer, auch wenn ich teilweise Probleme habe, ihn zu verstehen. Ich kann’s kaum erwarten, die Jungs wieder zu sehen.
Nach der ueberaus starken Performance von Burning Skies waren nun War From A Harlots Mouth in der Pflicht. Und das wussten scheinbar auch sie, denn die Berliner spielten sich auf Deutsch gesagt den Arsch ab. Aerobic auf der Buehne, Zuschauer am Mikro, man koennte meinen es spielt eine Hardcore Band. Der Sound ist nach wie vor spitze, ein Novum fuer mich im Paradox. Die Musik ist sehr komplex, Dissonanzen, Disharmonien und spontane Breaks machen die Stuecke definitiv abwechslungsreich, aber fuer meinen Geschmack zu schwer zugaenglich. Sogar Converge koennen geradliniger spielen und marschieren durchgehender nach vorn. Ein progressiver Anspruch aeussert sich vor allem in den jazzigen Gitarrenparts, die voellig unvermittelt zwischen das Gekreische und die brachialen Gitarren eingestreut werden. Beim Saenger muss ich unvermittelt an Burning Skies denken. Taetowierte Arme, weisses Unterhemd und sehr viel Herzblut. Mehr als einmal sieht man Adern hervortreten und Muskeln sich anspannen. Hut ab vor dieser Leistung! Auch das Publikum wird entsprechend motiviert, singt mit und Bewegt sich. Erstaunlich rhythmisch, wenn man die stakkato artigen Riffs und das aggressive Drumming auf sich wirken laesst. Einen Bewegungspreis haben sich die Jungs auf alle Faelle verdient, jeder Zentimeter der eher kleinen Paradoxbuehne wird ausgenutzt, wenn der nicht reicht weicht man auf den Zuschauerraum aus. Haetten Burning Skies nicht gespielt waeren sie sicher das Highlight des Abends gewesen, herausragend war was auf der Buehne gezeigt wurde alle Mal. Allerdings war auch dieser Gig relativ schnell wieder vorbei, so dass ich ernsthaft anzuzweifeln wage, ob die angekuendigten eineinhalb Stunden auch nur Ansatzweise ausgenutzt wurden.
Das Konzert war seinen Eintrittspreis von 10€ (AK) definitiv wert. Auch wenn ich die Ingolstaedter Crowd an sich nicht mag, heute stimmte die Stimmung vor der Buehne. Wenn weiter solche Acts in Ingolstadt auftreten und der Sound konstant so gut bleibt wird sich das Paradox nicht mehr vor Muenchner Locations verstecken muessen. Ich bin schon auf Dark Fortress am 13.03. gespannt.
Mittwoch, 12. März 2008
War From A Harlots Mouth, Burning Skies, At The Abyss, Virgins Like Barbie - Impressionen eines Konzertes
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